Klimakollaps, Teil 2: Postaktivismus, oder: Was, wenn der Zug längst entgleist ist?

Im 1. Teil dieses Artikels ging es um den möglichen Kollaps, den Superreiche als “The event” bezeichnen. Doch was bedeutet dieser „Kollaps“ eigentlich? Es lohnt sich, bei Wikipedia nachzuschauen: Der Zivilisationsoder Gesellschaftskollaps bezeichnet „den Zusammenbruch bzw. Untergang einer komplexen menschlichen Gesellschaft, gekennzeichnet durch den Verlust kultureller Identität sowie sozioökonomischer Komplexität, das Versagen öffentlicher Dienste, den Sturz der Regierung und den Anstieg von Gewalt.“ Im Folgenden führt der Eintrag die Faktoren auf, die dazu führen können, und die sich natürlich auch wechselseitig verstärken: Soziale Ungleichheit, Klimakrise, Artensterben, Überschreiten planetarer Grenzen, Weltbevölkerungswachstum und unzureichende zwischenstaatliche Kooperation. In diesem Eintrag findet sich ein bemerkenswerter Satz: 

„Die Gefahr der schnellen, sich beschleunigenden Lebensgrundlagen-Erosion der Menschheit scheint längst nicht ausreichend verständlich für alle erwachsenen Menschen zu sein, selbst in den reichsten demokratischen Ländern mit freiem Informationszugang nicht.”

“Verschwörungsideologien, Wissenschaftsleugnung, Desinformation sowie in Teilen auch die Filterblasen sozialer Medien verunsichern hierbei zusätzlich Teile der Weltbevölkerung und akute wichtige Ereignisse wie die weltweite COVID-19-Pandemie lassen grundsätzlichere, existenzielle Probleme bzw. Gefahren zunächst in den Hintergrund treten.”

Brot aus Flusssteinen aus Transkarpatien, wo viele Künstler während des Krieges Zuflucht gesucht haben.

Wissenschaftler und Aktivisten bemühen sich seit Jahren und Jahrzehnten darum, die Gefahren einer globalen Katastrophe aufzuzeigen. Der Begriff Klimanotstand wurde schon vor 2010 bei Demonstrationen verwendet.

Was können wir tun, um den Kollaps noch abzuwenden? 

Was können wir – angesichts dieser dramatischen Situation – tun, um den Kollaps noch abzuwenden? John Halstead stellt genau diese Frage auf seiner Webseite, und gibt auch gleich die Antwort: 

Nichts. Wirklich, absolut nichts. „Es gibt absolut nichts, was Sie oder ich oder sonst jemand tun kann, um den Zusammenbruch der Zivilisation zu stoppen. Der Schaden wurde angerichtet – und wird weiterhin jede Sekunde eines jeden Tages angerichtet – und wir haben nicht die Zeit, das Geld, die politische Führung oder auch nur den kollektiven Willen, den Kurs der Industriegesellschaften zu ändern. Der Zusammenbruch, weit vor dem Ende dieses Jahrhunderts, wird heftig werden. Die Zivilisation ist wie ein Zug, der bereits über die Gleise gesprungen ist und über eine Klippe gestürzt ist. Auch wenn der Zug im Moment noch in der Luft ist, kann niemand seine Flugbahn – durch Lobbyarbeit oder Aktivismus oder Gebet oder Basisdemokratie oder Recycling oder Installation von Sonnenkollektoren und Windturbinen – ändern. Die Weichen stellen die Gesetze der Physik, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Schwerkraft einholt.“

Halstead geht davon aus, dass die Menschen in wohlhabenden Ländern – sofern es keinen schnelleren Kollaps-Auslöser wie eine große Sonneneruption, eine Pandemie, einen globalen Finanz-Zusammenbruch oder Atomkrieg gibt – möglicherweise „noch etwa ein Jahrzehnt des beschleunigten Niedergangs haben, bevor die Dinge völlig dystopisch werden (wie sie es bereits in Venezuela getan haben, in Syrien, Jemen, Irak, Afghanistan, dem größte Teil Afrikas usw.)”

Und er verlinkt einen Clip, „Aaron Sorkins The Newsroom“, der die Situation ziemlich gut zusammenfasst. Im Nachrichtenstudio wird ein – hochqualifizierter – Wissenschaftler einer Umweltbehörde vorgestellt, der den Zuschauern die Lage der Welt erklären soll. Der Moderator spult die üblichen Fragen ab, möchte eine entspannte Gesprächsatmosphäre schaffen, zu der die Aussagen des Wissenschaftlers nicht so recht passen wollen:

“Wie lange haben wir noch, 1000 Jahre? 2000 Jahre?” – “Es sind jetzt schon Menschen auf der Welt, die am katastrophalen Zusammenbruch des Planeten sterben werden. (…) Der Moderator fragt, was das konkret bedeutet. “Die Hälfte der Welt lebt in einem knapp 200 km-Radius vom nächsten Ozean entfernt. Wenn die Meeresspiegel steigen …” – “Sie sagen also, die Situation ist schrecklich?” – “Nein … wenn Ihr Haus bis zum Grund abbrennt, ist die Situation schrecklich. Aber Ihr Haus ist schon bis zum Grund abgebrannt. Die Situation ist nicht schrecklich. Es ist vorbei. – “Also … was können wir tun?” – “Es gibt vieles, das wir hätten tun können. Vor 20 Jahren. auch noch vor 10 Jahren. Es ist, also ob Sie in der Garage in Ihrem Auto sitzen, der Motor läuft, das Tor ist abgeschlossen, Sie werden langsam bewusstlos … so in etwa.” – “Was, wenn jemand kommt und die Tür öffnet?” – “Sie sind dann schon tot.” Den Motor abzustellen, erklärt der Wissenschaftler ruhig, das hätte vor 20 Jahren passieren müssen. “Hört sich an, als sei es hoffnungslos?” – “Ja.” – “Ist das die offizielle Position der Behörden oder Ihre eigene?” – “Hierzu gibt es keine “Position” mehr, ebenso, wie man auch keine “Position” dazu haben kann, bei wieviel Grad das Wasser kocht.” – “Lassen Sie uns schauen, wie wir hier einen besseren Dreh finden. Die Zuschauer wollen ins Wochenende.” – Während der Moderator bereits seine Papiere zusammensucht, erläutert der Wissenschaftler weiter, was uns erwartet – Massenmigration, Wasser- und Nahrungsknappheit, Verbreitung tödlicher Krankheiten, endlose Flächenbrände, die wir nicht mehr unter Kontrolle bringen können, Stürme, die den Himmel dauerhaft verdunkeln … – “Bekommen Sie keine Probleme, wenn Sie so etwas öffentlich sagen?” – Der Wissenschaftler zuckt mit den Schultern. “Wen kümmert das?” Und sagt zuletzt: “Selbst wenn wir jetzt noch unser Bestes geben würden … sehe ich immer noch keinen Weg, wie wir überleben könnten.”

Was, wenn wir diese Perspektiven wirklich an uns heranlassen? In seinem Blog-Artikel beschreibt Halstead – in ironischer Form – typische Reaktionen: „Bei vielen Menschen führt die Kenntnis des bevorstehenden Zusammenbruchs zu einer Flut von Aktivitäten und Emotionen, wenn sie in die Phasen der Trauer eintreten und beginnen, nach jeder denkbaren Lösung für die Probleme zu suchen, mit denen wir konfrontiert sind … idealistische Projekte wie Ökodörfer, Übergangsstädte und Umweltaktivismus im Allgemeinen, die alle in erster Linie Menschen aus der oberen Mittelschicht anziehen (…)  Leider haben die meisten der verarmten Menschen, die am meisten von diesen Bemühungen profitieren könnten, nicht die Zeit, das Geld oder die Gelegenheit, sich tatsächlich zu beteiligen.

„Prepping“ ist eine weitere Reaktion, „unzählige Websites, die sich Überlebenstechniken widmen, haben sich im Internet verbreitet“, aber auch Nihilismus und Hedonismus nennt er als mögliche Reaktionsmuster. Seinen eigenen Weg beschreibt Halstead – nach Jahren des Aktivismus – so: “Ich hörte auf zu protestieren und legte einen Garten an.”

Paul Kingsnorth, Mitbegründer des Dark Mountain Project und Autor von Confessions of a Recovering Environmentalist, beschreibt, wie er zum Umweltschützer wurde: „Mein ganzes Leben lang habe ich Erfahrungen in Bergen und in Wäldern gemacht, eine unausgesprochene, aber echte Verbindung erlebt, zu etwas, das weit über mich hinaus geht. … Manchmal frage ich mich, warum mir das alles so wichtig ist. Warum habe ich das Gefühl, dass die Wälder wichtig sind? Die Bäche, die Orang-Utans, die Nashornvögel, die Riesenameisenbären, die gesprenkelten Waldschmetterlinge? Ich komme immer wieder auf die gleiche Antwort: … diese Dinge wecken in mir Gefühle, die auf eine Größe hinweisen, die nicht allein in der menschlichen Welt zu finden ist. Und ich weiß, dass die Möglichkeit, dass diese Dinge für immer aus der Welt verschwinden, in mir eine Leidenschaft, eine Wut, eine Angst und eine Frustration hervorruft, die ursprünglich, atavistisch und wahrscheinlich so alt ist wie es die Höhlen sind. Weil ich ein Tier bin und dies meine Welt ist; mein Geburtsrecht. Es ist mein Platz.” Paul Kingsnorth: „Die schwarze Kammer“

Der Ökotheologe Thomas Berry schrieb einmal: „Wir werden nicht retten, was wir nicht lieben. Und wir werden weder lieben noch retten, was wir nicht als heilig erfahren.“ 

Zhanna Kadyrova – ‘Palianytsia’, zu Deutsch: Laib.

“Klimaaktivismus”, so Halstead, „konzentriert auf das Globale, das Allgemeine. Und doch ist Liebe immer spezifisch. Die meisten von uns können „die Wale“ genauso wenig lieben wie einen Fremden, weil wir nicht regelmäßig mit ihnen interagieren. Aber wir können die Wesen – Menschen und andere – lieben, mit denen wir in direkter Beziehung stehen. Wir können „die Erde“ nicht lieben, weil wir keine Beziehung zum Planeten haben können, genauso wenig wie wir eine Beziehung zur „Menschheit“ haben können – sie ist zu groß. Aber wir können den Ort lieben, an dem wir sind, und die Menschen, die dort leben.“

Noch einmal Paul Kingsnorth, „Wenn Sie dies nicht als ‚globales Problem‘ behandeln, das eine Art massenpolitische Reaktion erfordert, sondern als persönliche Erfahrung, die Sie durchleben müssen, sehen die Dinge schon etwas anders aus. (…)  Sie können über „globale Probleme“ nachdenken, bis Ihnen der Kopf wehtut und Sie vor Verzweiflung sterben möchten: Es ist eine andere Form der Abstraktion. Wir leben von den kleinen Dingen: den Dingen, die wir kontrollieren oder persönlich erleben können.“

Bei all den Kampagnen zur „Rettung der Erde“ sieht Kingsnorth heute „keine Anzeichen einer echten, gefühlten Verbundenheit mit irgendeinem noch so kleinen Teil dieser Erde“. Kein Wunder, dass wir uns ausgebrannt fühlen. Wir haben die Verbindung zur Erde verloren – nicht der Planet Erde mit einem großen „E“, sondern die Erde unter unseren Füßen, der Ort, an dem wir uns befinden. „Das Gegenmittel zu dieser globalen Distanzierung der Menschheit vom Rest der Natur“, schreibt Kingsnorth, „ist das langsame, chaotische Kennenleren einer Landschaft.“

Und so beschloss Kingsnorth nach Jahren des Umweltaktivismus – ebenso wie Hastead – “sich zurückzuziehen”: „Sich zurückzuziehen, das klingt für viele wie Aufgeben. Aber sich zurückzuziehen bedeutet nicht aufzugeben, und es bedeutet nicht, nichts zu tun. Beim Rückzug geht es darum, sich in einen Raum zurückzuziehen, in dem Sie atmen können, einen Raum, um die Welt um Sie herum wieder zu erleben, sich daran zu erinnern, was Sie zu retten versuchen, zu erkennen, was Sie tun und wozu Sie nicht die Kraft haben …

Ziehen Sie sich nicht mit Zynismus zurück, sondern mit einem forschenden Geist. Ziehen Sie sich zurück, damit Sie – intuitiv – herausfinden können, was für Sie richtig ist und was die Natur von Ihnen brauchen könnte. … Ziehen Sie sich zurück, weil Handeln nicht immer effektiver ist als Nichtstun. Ziehen Sie sich zurück, um Ihr Weltbild zu untersuchen: die Kosmologie, das Paradigma, die Annahmen, die Reiserichtung. Alle wirklichen Veränderungen beginnen mit dem Rückzug.“

– Paul Kingsnorth, „Dunkle Ökologie“

Und dann? Was kommt danach? Das müssen wir uns wohl jeweils selbst erarbeiten. Aber Kingsnorth gibt einige Vorschläge:

1. BEWAHREN SIE NICHTMENSCHLICHES LEBEN

„Vielleicht können Sie etwas Land aufkaufen und es wieder verwildern; vielleicht können Sie Ihrem Garten freien Lauf lassen; vielleicht können Sie für eine Naturschutzgruppe arbeiten oder selbst eine gründen; vielleicht können Sie Ihren Körper einem Bulldozer in den Weg stellen; Vielleicht können Sie Ihre Fähigkeiten einsetzen, um die Zerstörung eines weiteren wilden Ortes zu verhindern.“

2. MACHEN SIE SICH DIE HÄNDE SCHMUTZIG

„Verankern Sie sich in etwas: in einer praktischen Arbeit, einem Ort, in einer Art etwas zu tun: Nehmen Sie Ihre Sense oder etwas Ähnliches und gehen Sie raus und verrichten Sie körperliche Arbeit in sauberer Luft, umgeben von Dingen, die Sie nicht kontrollieren können. Verabschieden Sie sich von Ihrem Laptop und werfen Sie Ihr Smartphone weg, falls Sie eines haben. Erden Sie sich in Dingen und Orten, lernen oder üben Sie gesellige Fähigkeiten auf menschlicher Ebene.“

„Der beste Weg, der sich ausbreitenden Dystopie des Konsums einen Strich durch die Rechnung zu machen, besteht darin, sich an einem Ort zu erden und zu lernen, Dinge mit den Händen zu tun – tatsächlich zu lernen, sie zu tun, und nicht nur darüber zu schreiben, sie zu tun. Bauen Sie Ihre eigenen Karotten an, lernen Sie mit Axt und Sense umzugehen, erfahren Sie, wohin die Sonne fällt und was die Bäume tun und was in den Gräben wächst.“

3. BESTEHEN SIE DARAUF, DASS DIE NATUR EINEN WERT ÜBER DEN NUTZEN HINAUS HAT … UND SAGEN SIE ES ALLEN

„Umweltschützer … haben sich eingeredet, dass sie die gleiche Sprache, die Sprache der Nutzbringung sprechen müssten, um von den Mächtigen ernst genommen zu werden. Aber das war ein faustischer Handel. Wenn Sie argumentieren, dass ein Wald wegen seines Wertes als „Kohlenstoffsenke“ geschützt werden sollte – dann haben Sie nichts mehr zu sagen, sobald Gold oder Öl von viel größerem Wert darunter entdeckt werden.  

Wenn wir den Sinn für das Heilige in der Natur weglassen – ihn herunterspielen, abschwächen, nervös lachen, wenn er erwähnt wird – wenn wir das tun, sind wir verloren, ebenso wie die Welt, die uns dazu bewegt hat, sie aus Gründen zu retten, die wir nie ganz erklären können.“

4. BAUEN SIE ZUFLUCHTEN

„Der anhaltende Zusammenbruch der sozialen und wirtschaftlichen Infrastrukturen und des Lebensnetzes selbst wird viel von dem zerstören, was wir schätzen. Fragen Sie sich in diesem Zusammenhang: Welche Macht haben Sie, um das zu bewahren, was von Wert ist – Kreaturen, Fähigkeiten, Dinge, Orte? Können Sie mit anderen oder alleine zusammenarbeiten, um Orte oder Netzwerke zu schaffen, die als Zufluchtsorte vor dem sich entfaltenden Sturm dienen?“

Kingsnorth gibt zu, dass nichts davon die Welt retten wird. Aber vielleicht ist der Grund, warum wir in dieser misslichen Lage sind, eben jene Hybris, zu glauben, wir hätten die Welt überhaupt jemals retten können. Wie Kingsnorth schreibt: „Manchmal denke ich, dass ‚die Welt retten‘ nur eine andere Möglichkeit ist, sie zu kontrollieren.“

Post-Aktivismus

Diese Denkweise nennt Bayo Akomolofe „Post-Aktivismus“. Ich bin sicher, dass dies vielen Menschen angesichts des Zustands der Welt als unverantwortlich (ganz zu schweigen von privilegiert) erscheinen wird. Aber in den letzten Jahren kamen immer mehr Menschen an einen ähnlichen Punkt.

Jonathan Franzen, Autor des umstrittenen Artikels „What If We Stopped Pretending?“ im New Yorker, argumentiert, dass es dennoch nach wie vor wichtig ist, zu versuchen, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzumildern:

„Es ist genauso wichtig, kleinere, lokalere Schlachten zu führen, bei denen Sie eine realistische Hoffnung haben, sie zu gewinnen. Tun Sie weiterhin das Richtige für den Planeten, ja, versuchen Sie auch weiterhin, das zu retten, was Sie besonders lieben – eine Gemeinschaft, eine Institution, einen wilden Ort, eine Spezies, die in Schwierigkeiten ist – und schöpfen Sie Mut aus Ihren kleinen Erfolgen. Alles Gute, was Sie jetzt tun, ist wohl eine Absicherung gegen die heißere Zukunft, aber das wirklich Bedeutsame ist, dass es heute gut ist. Solange wir etwas zu lieben haben, haben wir etwas, auf das wir hoffen können.  

Eric Demore, Autor von „A Palliative Approach to the End of the World“, beschreibt die Erde als einem Patienten mit unheilbarem Krebs. Dieser Krebs ist der industrielle Kapitalismus. Aber anstatt zu versuchen, den Patienten mit „entstellender Aggression“ zu behandeln, empfiehlt Demore einen palliativen Ansatz. Das bedeutet, sich auf das Kurzfristige, das Lokale, das Konkrete zu konzentrieren; es bedeutet „meiner unmittelbare Welt Trost zu bieten, meiner Schule, meiner Straße, der Schlucht hinter meinem Haus“.

Dahr Jamail und Barbara Cecil sind Co-Autoren einer Artikelserie bei Truthout mit dem Titel „How Then Shall We Live?“, in der sie damit ringen, wie sie angesichts der Klimakatastrophe leben können. Auch Jamail schreibt, dass die Wurzel der Klimakrise darin besteht, dass wir uns von der Erde getrennt haben. Und Cecil erklärt, warum der Anbau von Gemüse eine Möglichkeit ist, sich wieder zu verbinden, da es nicht nur Nahrung liefert, sondern auch dazu beiträgt, eine Beziehung zur Erde und zu ihrer menschlichen Gemeinschaft zu fördern.

“Also”, so Halstead, “nehme ich den Rat von Kingsnorth an. Ich lenke meine Aufmerksamkeit vom Planeten auf den Ort, an dem ich lebe, von der Menschheit hin zu jenen Wesen – sowohl Menschen als auch andere – mit denen ich diesen Ort teile. Ich wende mich von meinen Hoffnungen und Befürchtungen für die Zukunft den Bedürfnissen der Gegenwart zu. Ich wende mich von all den großen Bildern dem kleinen Maßstab zu, vom Globalen zum Lokalen, zu dem, was ich sehen, berühren und fühlen kann. Und ich beginne mit dem Ort, an dem ich lebe, dem kleinen Stück Land, auf dem mein Haus steht, mit meinem Hof und meinem Garten. Ich beginne mit der Arbeit (oder in gewisser Weise mit der Un-Arbeit), meinen Garten zu verwildern. (…)

Als dem schottische Künstler Ian Hamilton Finlay vorgeworfen wurde, sich von der Realität in seinen Garten zurückgezogen zu haben, antwortete er: „Bestimmte Gärten werden als Rückzugsorte bezeichnet, wobei sie in Wirklichkeit einen Angriff darstellen.“ Kingsnorth spekuliert darüber, was Finlay womöglich damit gemeint hat, nämlich „… dass die Schönheit und Bedeutung, die er um sich herum konstruierte, ein Angriff auf die Art von Welt war, die es für bedeutungslos hält, etwas so Kleines, so Lokales, so Spezifisches zu tun. Einen Garten zu pflegen, Bescheidenheit zu lernen, seine Fähigkeiten eher lokal als global einzusetzen: Nichts davon wird „die Welt retten“ … . Und doch hat es Wirkung.“ (Paul Kingsnorth, „Was man daraus macht“)

Die Ausstellung in der Galleria Continua, Riva San Biasio in Venedig

“Und wenn ich mehr weiß, was ich tue, dann werde ich mich im Guerilla Gardening versuchen”, schreibt Halstead. “Vielleicht pflanze ich, statt auf dem Rasen meines Vermieters zu protestieren, heimlich Gemüse in seinem Garten an. Und ich möchte mich auch enger mit meiner menschlichen Gemeinschaft verbinden. Also gründe ich eine Klimatrauergruppe. Und ich halte sie klein – nicht mehr als fünf Personen und einen Moderator, damit wir uns wirklich unterhalten können.

Ich denke, das meint Bayo Akomolafe, wenn er sagt: „Die Zeiten sind drängend – wir müssen langsamer werden.“ Es ist kontraintuitiv, aber ich finde Weisheit darin.

Ich sage nicht, dass die Gründung eines Gartens oder einer Trauergruppe den Planeten, die Menschheit oder die Zivilisation retten wird. Das wird es nicht. Und ich sage nicht, dass dies die Antwort für alle ist. Das ist es nicht.

Es ist nicht einmal die Antwort für mich. Es ist eher ein Anfang einer Antwort. Oder vielleicht der Ort, von dem ich hoffe, dass die Antwort irgendwann auftaucht. Im Moment entscheide ich mich dafür, hier zu stehen. Auf diesem Fleckchen Erde, das ich liebe, mit diesen Menschen, die ich liebe. Und während ich auf die Antworten warte, haben wir wenigstens etwas Frisches aus meinem Garten zu essen.“

Der Blogbeitrag von Halstead findet sich hier im englischen Original.