Gespräche mit „Klimaleugnern“ und „Klimaskeptikern“

Bei Gesprächen mit „Klimaleugnern“ und „Klimaskeptikern“ (noch weiß ich kein besseres Wort) kommt man unweigerlich an den Punkt, an dem man sich verwirrt, vernebelt und unwohl fühlt. Bin ich wirklich zu alarmistisch?  Fatalistisch? Ist das alles tatsächlich nur halb so schlimm? Bin ich ein Spaßverderber? Oder liegt es an meinem Gegenüber, der oder die den Tatsachen nicht ins Auge sehen, sich nicht erschüttern, sich nicht beunruhigen lassen will? Oft enden solche Gespräche in beiderseitiger Frustration. 

Venedig im November 2019: Der Humor ist geblieben, auch
nach der dritten Welle des Hochwassers innerhalb weniger Tage

Was geschieht da? Andrew Winston hat eine hilfreiche Systematik geschaffen, in der er (unter anderem) unterscheidet zwischen denjenigen, die schlichtweg die Fakten bezweifeln und denen, die zwar die Krise erkennen, dann aber weiter diskutieren, argumentieren – und so letztlich passiv bleiben. Ein Auszug aus seinem Artikel findet sich hier. 

Denial and Disavowal

Die Climate Psychology Alliance (CPA) nennt eine mögliche Verleugnungsform der Klimakrise disavowal, im Gegensatz zum denial, bei dem die Fakten schlichtweg geleugnet werden. Im disawoval erkennt jemand die Klimakrise an, spielt aber die Bedeutung herunter und minimiert so die eigene emotionale Berührtheit und Berührbarkeit.  

Disavowal“, so beschreiben die Autoren der CPA-Webseite, “ist ein Begriff, der eine komplexe Reihe von Möglichkeiten zur Minimierung emotionaler Reaktionen beschreibt, die durch die Konfrontation mit der Realität verursacht werden. Es kann eine Person dazu befähigen, den Klimawandel gleichzeitig zu verleugnen und anzuerkennen – jedoch in verschiedenen Teilen des Geistes. Disavowal ähnelt sehr dem, was der Soziologe Stanley Cohen (2001) implizite Verleugnung nannte: dabei werden die Tatsachen erkannt, ohne dass eine konsequentes Verantwortungsgefühl entsteht. Es ermöglicht den Menschen, sich nicht gestört zu fühlen und sich für ihr Handeln nicht wirklich verantwortlich zu erleben.”

Informationen helfen nur bedingt

Wer sich nicht wirklich berühren oder gar erschüttern lässt, wird also auch keine wirkliche Verantwortung oder Impulse zu Konsequenzen spüren. Damit umzugehen, ist – wenn man selbst erschüttert ist – oft besonders schwierig. Auch wenn es nicht direkt erkennbar ist (bei schlichter Verleugung würde man ein Gespräch vielleicht schneller beenden), haben wir es doch mit massiver Abwehr zu tun. Das heißt auch, inhaltliche Diskussionen oder ein Argumentieren ist sinnlos – und frustierend. 

In letzter Zeit werden wir öfter gefragt, wie man mit solchen Gesprächssituationen umgehen kann. Zunächst einmal: auch wir scheitern immer wieder einmal daran … Da bei Abwehr kein richtiger Kontakt entsteht, versuchen wir, für Kontakt zu sorgen, als Basis für ein weiteres Gespräch. Wie es jedenfalls nicht geht, auch wenn es uns noch so sehr dazu drängt: Durch Überzeugen-wollen, in dem Versuch, mit immer weiteren und immer neuen, besseren Argumenten zum anderen durchzudringen.

Informationen helfen nur bedingt: Klimaforscher überschätzen oft, was ihre Zuhörer ihnen glauben. Experten mahnen, die Psychologie bei der Information über den Klimawandel zu bedenken, so Christoph Schrader bei riffreporter.de: „Wenn es einen Konflikt zwischen den Fakten und den Wertvorstellungen eines Menschen gibt, werden die Fakten verlieren“, zitiert er den norwegischen Psychologen Per Aspen Stoknes. „Schon bevor jemand den Mund aufmacht, ist entschieden, was ich von seiner Botschaft halte“, so Stoknes.

Und auch George Marshall, “Veteran” der Klimaschutzbewegung, bestätigt: „Vertrauen ist wichtiger als Information.“ Freunden, Verwandten, dem Pastor oder einem geschätzten Politiker glaubt man. Journalisten von der Zeitung mit der als links empfundenen politischen Haltung glaubt man nicht, und erst recht nicht Umweltschützern, die einem das Auto wegnehmen wollen – ganz egal, ob diese Vorurteile stimmen.”

„Dass die Menschen massenhaft aktiv werden, erreichen wir nicht durch Narrative von Feindschaft. Wir müssen stattdessen Narrative von Kooperation, geteilten Interessen und gemeinsamer Menschlichkeit entwickeln.“ Marshall ist wie viele Mitstreiter überzeugt, dass vor einem Erfolg die Klimaschützer alter Schule die Lufthoheit über das Thema aufgeben müssen. „Es kann nur funktionieren, wenn in jeder sozialen Gruppe die jeweiligen Meinungsführer ihre Version von Klimaschutz verbreiten“, sagt er. In vielen Fällen darf dabei das Wort „Klima“ nicht auftauchen, es könnte zum Beispiel um Energie-Unabhängigkeit, saubere Luft oder Wetterextreme gehen. „Den Erfolg werden wir daran erkennen“, sagt Marshall, „dass über das Thema auf eine Art geredet wird, die uns persönlich überhaupt nicht gefällt.“ Und: Man müsse es Menschen zugestehen, um das Zeitalter der fossilen Energien zu trauern.” – Soweit Christoph Schrader in seinem Artikel.

Wie also Gespräche vor diesem Hintergrund gelingen können? Am besten, indem wir erst einmal gut mit uns selbst in Kontakt kommen bzw. bleiben: Spüren, wie es uns gerade emotional und körperlich geht. Manchmal hilft es, die eigene Betroffenheit zu zeigen und mitzuteilen, z. B. „Mich erschüttert dieses Thema gerade besonders“, manchmal ist die Abwehr des Gegenübers aber auch einfach zu stark, so dass es besser ist, innezuhalten und das Gespräch, wenn es aussichtslos, ermüdend oder gar destruktiv wird, zu beenden – auch um die eignen Kräfte zu schonen. 

Ein schönes Beispiel für den Versuch, mit einer ganzen Gruppe von Klimaleugnern ins Gespräch zu kommen, findet sich hier. Der us-amerikanische Physiker und Klima-Wissenschaftler Stephen Schneider (leider ist er 2010, kurz nach Aufzeichnung dieser Veranstaltung, verstorben) macht sich hier die Mühe, möglichst ruhig und anschaulich mit einem Saal voller (australischer) Klimaleugner zu diskutieren. Er geht auf die gängigsten Pseudoargumente seiner Zuhörer ein und findet auch ein hilfreiches Bild für eines der typischen Missverständnisse: Wie kann es sein, fragt ein Zuhörer, dass eine derart geringe Menge CO2, die der Mensch produziert – gering im Verhältnis zum natürlich vorkommenden CO2 –, das Klima tatsächlich derart beeinflusst? 

Es ist wie in einer Badewanne, erklärt Schneider, solange die Wassermenge, die abläuft, der ständig neu einlaufenden Wassermenge entspricht, ist das Verhältnis stabil. Wenn man aber beständig nur ein wenig mehr hinzufügt, als im gleichen Zeitraum abfließen kann, summiert es sich einfach mit der Zeit – was wir im Bezug auf das CO2 seit Jahrzehnten sehr genau beobachten und messen können. 

Man sieht am Ende dieser Diskussionsrunde, dass nur wenige Menschen ihre Meinung ändern, aber auch, dass, wenn überhaupt, die ruhige und respektvolle Art des Wissenschaftlers die Leugner erreicht – und dass selbst er, der mit den besten Vorsätzen angetreten ist, zwischendurch kurz davor ist, die Fassung zu verlieren, bevor er dann weiter erklärt und, bei allem menschlich bleibt. Ein dankenswerter Versuch und eine eindrückliche Runde.