„Tiere einfach mal in Ruhe lassen …“

… und vegan werden?

Manche fragen uns, ob wir zu den Klimathemen auch persönliche Tipps haben, die man selbst umsetzen kann. Die Medien sind inzwischen zwar voll mit entsprechenden Vorschlägen, dennoch haben wir hier nun eine Rubrik „Konkretes“, wo wir Anregungen zusammentragen wollen. 

Es gibt viele sinnvolle, positive Veränderungen, die sich leicht umsetzen lassen. Unser Ziel, vegan und überwiegend plastikfrei zu leben, war jedoch zunächst herausfordernd. Selbst wenn man auf all die Fleisch-Ersatz-Produkte (gerne) verzichtet – die meisten Milch-Alternativen gibt es nur in Getränkekartons. Allmählich erweitert sich jedoch das Sortiment, und der Unverpackt-Laden in der Nähe bietet inzwischen auch Tofu und Soja-Joghurt in Pfandgläsern an.

Der Schritt ins vegane Leben ist derzeit vielleicht sogar leichter als sonst, da die Restaurants ohnehin noch geschlossen sind, die meisten Menschen mehr zuhause sind und das Angebot an veganen Produkten immer größer wird. 

„Wir haben“, sagte Karin Mück vom “Hof Butenland” im Sommer 2020 im NDR-Talk, „nun durch Corona eine Möglichkeit zu schauen, wollen wir so weiterleben, wollen wir mit den Tieren weiter so umgehen? (…) Wie wäre denn das Leben, wenn wir die Tiere einfach mal in Ruhe lassen?“ Die Dokumentation über das Kuh-Altersheim, das sie und der ehemalige Bio-Bauer Jan Gerdes führen, haben wir im letzten Artikel vorgestellt.

„Dieses Mitgefühl, das man als Tier-Ausbeuter gar nicht haben darf”

In der NDR-Talkrunde beschrieb Gerdes sehr anschaulich den Prozess, der in ihm in Gang kam, als er anfing, mehr und mehr Mitgefühl für seine Kühe und Kälber zu empfinden: „Dieses Mitgefühl, das man eigentlich als Tier-Ausbeuter gar nicht haben darf. Wer da anfängt, sich Gedanken zu machen, hat verloren und kann dieses System nicht mehr weiter mitmachen“, sagt er. „Und dann kam irgendwann der Punkt, wo ich gemerkt habe, dass mich das auch gesundheitlich kaputt macht.“ – Er und Karin Mück haben ihr Leben letztlich völlig neu ausgerichtet. Und die beiden wirken im Gespräch sehr ausgeglichen und erfüllt von ihrer Arbeit und von ihrem Leben. 

Uns hat der Film „Butenland“ im vergangenen Jahr den letzten Anstoß gegeben, endgültig auch die Bio-Milchprodukte und Bio-Eier im Regal stehen zu lassen und uns ganz vegan zu ernähren. Der Appetit auf Fleisch und Eier war uns angesichts von Käfighaltung, Küken”schreddern”, Ferkelkastration, Kastenstand in der Sauenhaltung und immer neuen Skandalen in der Fleischproduktion ohnehin längst vergangen. Und die Milch … weiter unten mehr dazu.

Zunächst der praktische Tipp: Eine wirklich hilfreiche Unterstützung auf dem Weg in die vegane Ernährung gibt es mit dem PETA-Veganstart-Programm, bei dem man 30 Tage lang täglich eine Mail bekommt mit Infos, Rezepten und Hintergrundwissen der Ernährungswissenschaftlerin Jennifer Seim und des Veganstart-Teams. Kostenlos, informativ und motivierend.

Für uns sind diese 30 Tage sind unglaublich schnell vergangen. Und es gab seither keinerlei Impuls, zu alten Ess-Gewohnheiten zurückzukehren. Unser Umgang mit Lebensmitteln ist noch bewusster geworden, wir haben vieles entdeckt: neue Sprossenarten, verschiedenste Bohnen-, Getreide- und Gemüsesorten. Wir haben eine Zeit lang nur Grundlebensmittel gekauft, die Sojabohnen zu Sojamilch und -joghurt und Tofu verarbeitet, jedes Gemüse fermentiert, das uns in die Finger kam, mit neuen Gewürzen experimentiert. Dazu kam die hilfreiche Grundregel für das vegane Kochen (Danke an Lisa!): Man nehme zu jeder Mahlzeit: a grain, a green and a bean.

Man nehme: a grain, a green and a bean

Beim Kochen kombiniert man einfach 1. Getreide (Pasta, Dinkel, Reis, Quinoa, Hirse, Bulgur, Couscous, Vollkornmehl usw.) mit 2. Grünzeug (Spinat, Kohl, Wirsing,, Brokkoli, Rosenkohl u.a., aber auch Möhren, Tomaten, Paprika …) und 3. Bohnen in allen Varianten, dazu zählen hier auch Linsen, Kichererbsen, grüne Erbsen, Tofu und Sojaprodukte … damit hat man die Grundformel für die ideale tägliche Nährstoff-Kombination.

Dann lohnt es sich noch, ein gutes B12-Präparat zu wählen und sich ein wenig mit dem Thema der Omega-3 Fettsäuren befassen (und z.B. Distel-, Maiskeim- und Sonnenblumenöl in der Küche zu ersetzen durch Leinöl, Rapsöl, Walnüsse und Leinsaat.) Wenn man sich für die Umstellung genügend Zeit lässt und das Ganze entspannt angeht, fühlt es sich an wie eine Bereicherung, nicht wie ein Verzicht.

Vegan leben ist – evolutionär gesehen – unnatürlich

Für alle, die doch noch die leise Sorge haben, dass diese Form der Ernährung “unnatürlich” ist, gibt es einen schönen (und witzigen) Artikel des Evolutionsbiologen Macken Murphy, der den Kritikern zunächst sogar Recht gibt: evolutionär gesehen, ist „Veganismus eine unnatürliche Lebensweise.“

Hier einige übersetzte Auszüge aus dem Artikel: “Unser Körper hat sich entwickelt, um andere Tiere zu töten. Unsere muskuloskelettale Anatomie ist perfekt darauf abgestimmt, Objekte mit tödlicher Geschwindigkeit und Präzision zu werfen. Wir haben diese seltsame Fähigkeit entwickelt, um Speere zu werfen – eine Fähigkeit, mit der wir seit der Zeit des Homo erectus große Säugetiere erlegt haben. Unsere Art ist fast jedem Tier im Laufen überlegen, solange die Entfernung weit genug ist. (…) wahrscheinlich haben wir diese Fähigkeit erlangt, um unsere Beute durch die beharrliche Jagd in der Savanne zu erschöpfen, unsere größeren, stärkeren Opfer zu jagen, bis sie sich ergaben, um sie dann auszuspießen. Die natürliche Auslese hat uns nicht zu Marathonläufern gemacht, damit wir Karotten jagen. (…) Es gibt kein Eden, in das wir zurückkehren könnten.

Unter Experten der menschlichen Evolution ist ebenso unumstritten, dass wir Allesfresser, wie dass wir Zweibeiner sind. Zu argumentieren, dass es für uns unnatürlich sei, Fleisch zu essen, wäre völlig analog zu der Argumentation, dass es unnatürlich ist, dass wir gehen. Wir haben uns physisch entsprechend angepasst, fast jeder Mensch tut dies, und der Fossilienbestand zeigt, dass wir dies immer getan haben. 

Wenn Sie jedoch glauben, dass diese Fakten dem Veganismus als Projekt einen Schlag versetzen, sind Sie im Irrtum. Heute als Allesfresser zu leben, ist ebenso unnatürlich. Ein aus Inzucht entstandenes Huhn mit Antibiotika vollzupumpen, es in einem Käfig aufzuziehen, der kaum mehr Fläche hat als Ihr Laptop und es anschließend in einer Fabrik voll-automatisiert in Nuggets zu verwandeln – künstlicher geht es nicht. Man kann diese Prozesse kaum verteidigen, indem man sagt, sie seien “natürlich”.

Zweitens ist „natürlich“ kein Synonym für “gesund”. Es ist völlig unnatürlich, sich die Hände zu waschen, sich impfen zu lassen und jährlich zum Arzt zu gehen. Ich empfehle Ihnen dennoch, all diese Dinge zu tun, wenn Sie ein langes Leben führen möchten. Ebenso empfehle ich Ihnen, auf eine pflanzliche Ernährung umzusteigen: das Risiko für Herzkrankheiten und Krebs ist für Veganer und Vegetarier drastisch gesenkt, und es ist weniger wahrscheinlich, dass sie an Bluthochdruck, hohem Cholesterinspiegel, Bluthochdruck oder Diabetes leiden. Angesichts dieser Informationen überrascht es nicht, dass Veganer im Allgemeinen länger leben. Ein veganer Lebensstil ist nicht besonders “natürlich”, aber mehr als 60 Jahre alt zu werden, auch nicht – und ich beabsichtige beides.

Wenn wir fragen, was “natürlich” ist, schauen wir nur zurück. Nach vorne gerichtet müssen wir uns fragen: Was ist richtig?

Schließlich und vor allem bedeutet “natürlich” nicht “moralisch” (…) Um nur einige Beispiele aufzulisten: Lügen ist ein natürliches Verhalten in unserer Spezies – die Fähigkeit, jemanden zu täuschen, wenn es vorteilhaft ist, gab Ihren Vorfahren einen enormen Vorteil im Kampf ums Überleben. Aber wenn Sie Ihr Kind bei einer Lüge erwischen würden, würden Sie die “natürliche Auslese” sicher nicht als Ausrede akzeptieren. (Allerdings könnte Sie das Argument je nach Alter Ihres Kindes so beeindrucken, dass Sie Ihren Ärger vergessen …)

Wir Veganer hören oft: „Menschen sind von Natur aus Allesfresser.“ Stellen Sie sich für einen Moment vor, ich würde beim Lügen, Betrügen oder Angreifen eines anderen Menschen erwischt und mich herausreden: „Menschen sind von Natur aus … (hier die jeweilige unethische Handlung einfügen).“ Wenn wir unseren moralischen Kompass nach dem Leben des frühen Homo sapiens ausrichten, sind wir dazu verurteilt, uns auch moralisch rückwärts zu bewegen. Wenn wir fragen, was natürlich ist, schauen wir nur zurück. Um nach vorne zu schauen, müssen wir uns fragen: Was ist richtig?

Vegan zu leben ist nicht “natürlich”, aber es ist richtig. Auf unseren Farmen werden Ferkel ohne Betäubung kastriert, Küken werden lebend zermahlen, und Kälber werden ihren Müttern geraubt und in Kalbfleisch verwandelt. Tiere werden durch Stromschläge und mit Kopfschüssen getötet, erstochen, in Gaskammern getrieben. Wenn Sie einen einzelnen Hund so behandeln würden, wie Landwirte Milliarden von Tieren behandeln, würde man Sie in eine Zelle sperren und als Psychopathen diagnostizieren. Obwohl Veganismus oft als extremer Akt missbilligt wird, hören Veganer nur auf, für diese Grausamkeiten mit zu bezahlen.

Veganismus ist durch den Wunsch motiviert, Tieren zu helfen, doch er hilft auch Menschen. Die Gründe dafür sind zu zahlreich, um sie hier alle aufzulisten, doch der Veganismus boykottiert auch die grauenhafte Ausbeutung von Schlachthof-Arbeitern, will den Landraub, unter dem Ureinwohner leiden, nicht mitverschulden – und es ist eine der größten Änderungen im Lebensstil, die Sie selbst vornehmen können, um etwas gegen die existentielle Bedrohung durch den Klimawandel zu tun. Außerdem boykottiert Veganismus die häufigste Ursache für Pandemien der Menschheit – einschließlich des Coronavirus.

Um vegan zu werden, muss sich Ihr Einfühlungsvermögen nicht über die Grenzen Ihrer eigenen Spezies erstrecken. Es muss nur über Sie selbst hinausgehen.” – So weit Macken Murphy.

Die Werbetricks der Milchindustrie

Fleisch gilt mittlerweile tatsächlich für viele nicht mehr als das “Stück Lebenskraft”, als das es der Werbeslogan einst propagierte. Doch es lohnt sich, auch die Tricks der Milchindustrie einmal genauer zu beleuchten, die dazu führen, dass wir Milch ganz selbstverständlich für ein Grundnahrungsmittel halten. PETA hat diese aufgelistet (hier in Auszügen) :

  • Natürlichkeit

“Dass der Mensch als einzige Spezies auch nach dem Säuglingsalter noch Milch zu sich nimmt, ohne das groß zu hinterfragen, hat mit jahrelanger Werbung zu tun. Wir haben uns so an die Packung Kuhmilch im Kühlschrank gewöhnt, dass wir kaum je darüber nachdenken, wie sie dorthin gekommen ist. Und dass es wenig mit Natürlichkeit zu tun hat, massenhaft Tiere einzusperren, um ihnen die Drüsen leerzupumpen und das, was rauskommt, dann zu trinken.”

  • Schulmilch

“Wie bindet man Menschen möglichst langfristig an ein Produkt? Klar, indem man sie schon als Kind daran gewöhnt. Deshalb sind große Milchproduzenten auch so scharf darauf, Schulen zu reduzierten Preisen mit Kuhmilch zu beliefern und das als Beitrag zur allgemeinen Gesundheit zu feiern. (…)  Aber so sinnvoll es auch sein mag, Kinder in nahrungsarmen Zeiten und Regionen mit Lebensmitteln zu versorgen: Obst, Gemüse und Vollkornprodukte wären dafür um Einiges besser geeignet als die Vanillemilch aus dem Tetrapak – nur dass hinter denen keine so große Lobby steckt.”

  • Die Nahrungspyramide

“In der traditionellen Ernährungspyramide haben Kuhmilch und Kuhmilchprodukte ihr eigenes Feld. Das ist ungefähr so willkürlich, als würde man Sesam und Sesamprodukte zur eigenen Nahrungsgruppe erklären, weil sie eine so tolle Eiweißquelle sind und dazu so vielfältige Dinge wie Tahin, Hummus, Sesammilch und Sesambrötchen gehören. Sesam ist gesund, aber wir würden nie darauf kommen, dass wir ihn als Grundnahrungsmittel brauchen. Die Milchindustrie hat genau das aber für Milchprodukte geschafft, auch wenn es dafür keine guten Gründe gibt.”

  • Kalzium

“Wer an starke Knochen denkt, denkt an Kalzium. Und wer an Kalzium denkt, denkt an Milch. Das hat uns die Milchindustrie so beigebracht, auch wenn es tolle vegane Kalziumquellen wie Brokkoli, Tofu oder Feigen gibt und Studien immer wieder zeigen, dass die Osteoporose-Raten in Ländern mit hohem Milchkonsum am höchsten ist. Kuhmilch ist keine besonders gute Kalziumquelle für Menschen, und sie wird sogar mit negativen gesundheitlichen Effekten wie verstärkter Akne und einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs in Verbindung gebracht.”

  • Der Milchindustrie-Verband MIV

“Und warum glauben wir der Milchindustrie das alles einfach so? Weil wir sie nicht als Geschäftemacher mit eigenen Interessen wahrnehmen. Wenn uns einzelne Firmen wie Danone, Bärenmarke oder Dr. Oetker so viele positive Behauptungen über ihre Produkte andrehen wollen würden, wären wir skeptisch, schließlich wissen wir, dass diese Firmen ihr Geld damit verdienen. Deshalb haben sich diese Firmen – und noch viele mehr – zum Milchindustrie-Verband zusammengeschlossen. Und wenn der mit seinen Marketingtricks an die Schulen, ins Fernsehen und in Ernährungsprogramme geht, wirkt das nicht mehr wie Werbung einer einzelnen Marke, sondern eher wie ein fürsorgliches Programm, mit dem Wissenschaftler und Experten uns nur Gutes wollen. Dass dahinter eine riesige Lobby von Konzernen steht, merken wir nicht.

Lobbyarbeit “gegen Erbsendrinks und Hafersossen”

“Vegane Milchersatzprodukte verfügen zwar derzeit nur über einen geringen Marktanteil von schätzungsweise zwei bis drei Prozent, aber sie erreichen, analog zur Entwicklung bei Fleisch, hohe Zuwachsraten”, schreibt die WELT Anfang 2021 und zitiert die (etwas larmoyanten) Klagen der Branche:  „Die Molkereien wollen sich die Milch nicht mehr schlechtreden lassen. Denn längst nehmen vegane Drinks der Milchwirtschaft Marktanteile ab. Dabei geht es oft nicht fair zu, beklagt die Branchenlobby. (…) Nun hält die Milchwirtschaft mit einer branchenweiten Kampagne dagegen. „Wir wollen eine gute, moderne Kommunikation über Milch aufbauen“, sagte Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrieverbands (MIV), am Dienstag. Ziel sei es, Milch wieder vorne in der öffentlichen Aufmerksamkeit zu platzieren, „und nicht Erbsendrinks und Hafersoßen“.

Und weiter berichtet die WELT (bemerkenswert unkritisch, aber so ist das wohl im Wirtschafts-Ressort) über die geplante Kampagne mit Hilfe einer großen Werbeagentur, die jährlich 3,5 bis vier Millionen Euro jährlich kosten und über eine Abgabe von den Molkereien finanziert werden soll:

Der Werbefeldzug für Milch soll bereits im Februar starten. Eine Gesellschaft für die Umsetzung befinde sich in Gründung, sagte Heuser. Sie werde vom MIV gemeinsam mit dem Raiffeisenverband und dem Deutschen Bauernverband getragen. (…) Teure Werbespots seien angesichts des begrenzten Etats nicht geplant, vielmehr werde das Geld unter anderem in die sozialen Medien fließen. Eine der wichtigsten angepeilten Zielgruppen sind junge Familien.“

Auch für die Bauern, die unter den zu geringen Erzeugerpreisen leiden, und immer wieder für bessere Konditionen kämpfen, hat der MIV eine Antwort – wenn auch wenig Verständnis. Auch in naher Zukunft sei keine nachhaltige Steigerung der Erzeugerpreise zu erwarten, erklärt der MIV, gefolgt von der Floskel: „Wir stehen an der Seite der Milcherzeuger. Aber Blockaden sind kein geeignetes Mittel, um Interessen durchzusetzen.“ – Was dann? Vielleicht sollten doch noch mehr Landwirte umsteigen auf die Herstellung von “Erbsendrinks und Hafersossen”?

Lehrstück für gut funktionierenden Lobbyismus

Dass die Strategien des MIV auch im Bereich der Verpackungen funktionieren, thematisiert die Tagesschau am 20.01.2020 und nennt den Gesetzesprozess zum Flaschenpfand für Milch sogar ein “Lehrstück dafür, wie Lobbyismus funktioniert“. In der ursprünglichen Gesetzesversion war noch eine sofortige Pfandpflicht für Milch in Plastikflaschen geplant. “Der Milchindustrie-Verband startete daraufhin eine große Kampagne mit zweifelhaften Argumenten”, so die Tagesschau. “In einem Brandbrief an Umwelt- und Wirtschaftspolitiker aus dem Bundestag, der Panorama vorliegt, warnte der Verband vor “hygienischen Bedenken” durch Milchreste in den Pfandautomaten. Es drohe “ein mikrobiologisches Problem”. Das klingt gefährlich. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium bestätigt schriftlich: Grund für die Ausnahme “waren hygienische Bedenken gegen die Rücknahme von Verpackungen für Milch und Milchmischgetränke.”

Die Milchvertreter behaupteten, das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) würde vor einer Pfandpflicht warnen. Doch das BfR widerspricht auf Nachfrage: “Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit und die Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern sind sehr unwahrscheinlich.”

Obwohl das BfR hier einfach instrumentalisiert wurde –  die Milch in PET-Flaschen bleibt vorerst pfandfrei. Und wir erinnern uns an die Ausführungen von Macken Murphy weiter oben: Lügen ist, evolutionär gesehen, ein natürliches Verhalten unserer Spezies und verschafft uns Vorteile. Was leider nicht bedeutet, dass es auch zukunftsweisend ist …